Pressemitteilung:
Sozialausgaben im Jahr 2019 auf 117 Mrd. Euro (29,3% der Wirtschaftsleistung) gestiegen
Wien, 2020
"Die Sozialausgaben machen hierzulande gut 29% der Wirtschaftsleistung aus. Damit zählte Österreich 2019 mit Rang 5 zu den EU-Staaten mit den höchsten Sozialquoten. Der größte Brocken der Sozialausgaben entfiel mit 45% auf die Alterssozialleistungen. Die zunehmende Alterung wird in kommenden Jahren für mehr Ausgaben und Finanzierungsdruck insbesondere in den Bereichen Pensionen, Pflege und Gesundheit sorgen", sagt Tobas Thomas, Generaldirektor von Statistik Austria.
Einem ersten Höchststand Mitte der 1990er-Jahre (1994: 29,0%) folgte eine längere Phase etwas niedrigerer Sozialquoten (2007: 27,0%), bevor es infolge der Wirtschafts-, Finanz- und Migrationskrisen Ende der 2000er/erste Hälfte der 2010er-Jahre zu einem erneuten Anstieg der Sozialausgaben kam (2009 und 2010: 29,6%) und die Sozialquote schließlich ihren bisher höchsten Wert (2015 und 2016: 29,9%) erreichte.
Anteil der Alterssozialleistungen auf 45% gestiegen
Sozialausgaben sind fast zur Gänze Aufwendungen für Sozialleistungen,
auf die 2019 114 Mrd. Euro entfielen (die restlichen 3 Mrd. Euro waren Verwaltungskosten
und sonstige Ausgaben). Sozialleistungen im Alter
machen den größten Anteil (45%) aus: 2019 wurden rund 51 Mrd. Euro
Sozialleistungen sind vor allem Geldleistungen (67%) und ohne Bedürftigkeitsprüfung (91%)
Sozialleistungen werden hauptsächlich als Geldleistungen zur Verfügung gestellt: 77 Mrd. Euro bzw. zwei Drittel der Ausgaben 2019 waren Zahlungen, die vor allem als Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenpensionen, aber auch als Familien- und Arbeitslosentransfers erfolgten; der Geldleistungsanteil war in diesen Bereichen des Sozialschutzes zum Teil (Hinterbliebene: 99%, Alter: 94%) noch deutlich höher als der Durchschnitt (siehe Tabelle 2). Einen überwiegenden Anteil an Sachleistungen (insgesamt 37 Mrd. Euro bzw. 33%) gab es in den Bereichen Krankheit bzw. Gesundheitsversorgung (86%) sowie Wohnen und Armut/soziale Ausgrenzung (59%).
Die Prüfung der Einkommens- und/oder Vermögensverhältnisse auf Bedürftigkeit spielt insgesamt eine geringe Rolle im österreichischen Sozialleistungssystem, sie war lediglich bei 9% der Ausgaben (2019: 10 Mrd. Euro) Voraussetzung für den Leistungsanspruch (betrifft vor allem die Ausgleichszulage bei den Pensionen, die Notstandshilfe in der Arbeitslosenversicherung und die Leistungen der Sozialhilfe/Mindestsicherung).
55% der Sozialausgaben von der Sozialversicherung, 40% von Bund, Ländern und Gemeinden
Mehr als die Hälfte (55%) der Sozialausgaben entfiel 2019 auf den Bereich der Sozialversicherung (Pensions-, Unfall- und Krankenversicherung, Krankenfürsorgeanstalten, Arbeitslosenversicherung). Bund (Beamtenpensionen, Familienbeihilfen, Kinderabsetzbeträge etc.) sowie Länder und Gemeinden (Krankenanstalten, Sozialhilfe/Mindestsicherung, Kinderbetreuung etc.) hatten einen gleich hohen Ausgabenanteil (jeweils 20%). Der Rest (5%) waren Sozialleistungen von Unternehmen (betriebliche Pensionsvorsorge, Arbeitgeberlohnfortzahlung bei Krankheit). Während die Ausgabenanteile der Sozialversicherung und Unternehmen über die Jahrzehnte (ab 1990) relativ konstant blieben, gab es bei den Gebietskörperschaften eine Verschiebung vom Bund zu den Ländern und Gemeinden (siehe Tabelle 1).
Sozialausgaben jeweils zu 36% durch Arbeitgeber und aus Steuermitteln finanziert
Die Finanzierung der
Sozialausgaben erfolgt im Wesentlichen aus drei Quellen: 2019 waren
die Arbeitgeber-Sozialbeiträge (inkl.
Staat als Arbeitgeber; 42 Mrd. Euro) sowie die Steuermittel
von Bund, Ländern und Gemeinden (41 Mrd. Euro) mit einem Anteil von jeweils
rund 36% annähernd gleich hoch; die Sozialbeiträge der geschützten
Personen (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Selbständige, Pensionistinnen
und Pensionisten) trugen etwas mehr als ein Viertel (27%) zur Finanzierung
bei. Im Zeitverlauf (1990
Österreich bei den Sozialausgaben EU-weit im vorderen Feld
Österreich zählt in der Europäischen
Union (EU) zu den Mitgliedstaaten mit den höchsten Sozialausgaben.
2018, dem aktuellsten verfügbaren Jahr für den Vergleich, lag die Sozialquote
zwischen 14,2% (Irland) und 33,7% (Frankreich); Österreich befand sich
an fünfter Stelle (29,1%). Die großen Unterschiede zwischen den ärmeren
und reicheren EU-Staaten zeigen sich vor allem anhand der um die Preisniveauunterschiede
bereinigten Sozialausgaben pro Einwohner
(ausgedrückt in Kaufkraftstandards, KKS): Österreich war hier unter
den vier Ländern mit den höchsten Pro-Kopf-Ausgaben (knapp
Detaillierte Ergebnisse bzw. weitere Informationen zu den Sozialausgaben und ihrer Finanzierung finden Sie auf unserer Webseite.
Informationen
zur Methodik, Definitionen:
Die Ausgaben und Einnahmen
des Sozialschutzes werden in der EU nach der Methodik des ESSOSS
(Europäisches System
der Integrierten SOzialSchutzsstatistik)
berechnet. Zu den Sozialschutzausgaben (ident mit dem oben verwendeten
Begriff der Sozialausgaben) zählen Sozialleistungen, Verwaltungskosten
und sonstige Ausgaben (z. B. Zinsen) im Rahmen von Sozialschutzsystemen
(in Österreich z. B. die gesetzliche Pensionsversicherung oder der Familienlastenausgleichsfonds).
Sozial(schutz-)ausgaben sind Ausgaben mit Umverteilungscharakter,
d. h. keine privaten Ausgaben, keine Anspar- und Lebensversicherungssysteme,
keine privaten Zuzahlungen und keine betrieblichen Sozialleistungen
ohne Umverteilungscharakter. Ebenfalls nicht zu den Sozialschutzausgaben
zählen Bildungsausgaben, Wohnbauförderung und steuerliche Umverteilungen,
die nicht primär sozialen Zwecken dienen.
Sozialleistungen werden als "Bruttoleistungen"
berechnet: ihr Wert entspricht dem Auszahlungsbetrag des jeweiligen
Sozialschutzsystems, vor Abzug von Einkommenssteuern und anderen von
den Empfängern zu leistenden Abgaben. Sozialleistungen sind von den
Sozialschutzsystemen an private Haushalte und Einzelpersonen erbrachte
Leistungen, die zur Abdeckung der durch eine Reihe von Risiken
oder Bedürfnissen entstandenen Lasten dienen. Im ESSOSS sind
es vereinbarungsgemäß acht Risiken bzw. Bedürfnisse (sog. Funktionen),
die den Sozialschutz begründen (Wohnen und soziale Ausgrenzung sind
in der tabellarischen Darstellung zu einer Funktion zusammengefasst;
im Text ist von Armut/soziale Ausgrenzung die Rede, weil es hier vor
allem um Armutsbekämpfung geht; allerdings erfolgt diese auch mit Sozialleistungen
in anderen Bereichen, z. B. der Ausgleichszulage in der Funktion Alter). Direkte
Zahlungen der Leistungsbezieherinnen und -bezieher zur Deckung
der Kosten von Sozialleistungen sind keine Einnahmen der Sozialschutzsysteme,
sondern der institutionellen Einheiten, die diese Leistungen bereitstellen,
und werden vom Wert der Sozialleistung abgezogen (z. B. die Rezeptgebühren
oder die im Fall der Pflegeheimunterbringung geleisteten Eigenbeiträge).
Statistik Austria berechnet die ESSOSS-Daten für Österreich im Auftrag
des Sozialministeriums. Die Zeitreihe
umfasst derzeit die Jahre 1980, 1985 und 1990 bis 2019.
Abweichungen zwischen national und auf EU-Ebene veröffentlichten Daten
resultieren in der Regel aus unterschiedlichen Berechnungsständen (sowohl
was die ESSOSS-Ausgaben bzw. -Einnahmen als auch die BIP-Daten betrifft).
Im Text bzw. den Tabellen (1 und 4) zeigt sich dies an der unterschiedlichen
Sozialquote für 2018 (29,2% vs. 29,1%).
Rückfragen zum Thema beantworten in der Direktion
Bevölkerung, Statistik Austria:
Mag. Kurt PRATSCHER, Tel.:
Mag. Maria HUBER, Tel.:
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