Pressemitteilung: 11.523-083/17
Wien, 2017-05-02 –
1.542.000 Menschen oder 18% der Bevölkerung waren 2016 laut Statistik
Austria gemäß EU-Definition armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Sie
hatten ein niedriges Haushaltseinkommen, mussten erhebliche Einschränkungen
in zentralen Lebensbereichen hinnehmen oder lebten in Haushalten mit
geringer Erwerbsbeteiligung. Insgesamt ist die Zahl der von Armut und
sozialer Ausgrenzung Betroffenen in Österreich seit 2008 um 157.000
Personen gesunken. Wie die aktuelle EU-Statistik über Einkommen und
Lebensbedingungen (EU-SILC) zeigt, sind vor allem Langzeitarbeitslose
einem sehr hohen Risiko sozialer Ausgrenzung ausgesetzt (79% sind betroffen).
Erwerbstätige sind hingegen vergleichsweise besser sozial abgesichert
(Armuts- oder Ausgrenzungsrisiko: 10%). 8,3% der Erwerbstätigen leben
in Haushalten, deren Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle
liegt – sie gelten als "Working Poor".
2016 gab es 1.542.000 Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdete,
Rückgang seit 2008 vor allem bei materiellen Einschränkungen
Die Strategie "Europa 2020" definiert Ziele
zur Armutsbekämpfung. Zur Messung des Fortschritts wird jährlich die
Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen gemessen.
Die EU-SILC-Ergebnisse für 2016 weisen Personen als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet
aus, auf die mindestens eines der folgenden Merkmale zutrifft: Armutsgefährdung
(14,1% bzw. 1.208.000 Personen), erhebliche materielle Deprivation (3%
bzw. 257.000 Personen) oder Leben in Haushalten mit keiner oder sehr
niedriger Erwerbsintensität (8,1% bzw. 528.000 Personen). Die so definierte
Sozialzielgruppe umfasste im Jahr 2016 1.542.000 Personen bzw. 18% der
österreichischen Wohnbevölkerung. Damit liegt Österreich deutlich
unter dem für 2015 berechneten EU-Durchschnitt von 23,7%. Entsprechend
dem EU-Ziel, soziale Eingliederung zu fördern und Armut zu verringern,
zeigt sich in Österreich eine sinkende Tendenz in der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung
seit Beginn des Beobachtungszeitraums (2008: 20,6%, 2016: 18%; Reduktion
um 157.000 Personen). Die deutlichsten Verbesserungen zeigen sich beim
Merkmal "erhebliche materielle Deprivation": Hier wurde der
Wert seit 2008 nahezu halbiert (2008: 5,9%, 2016: 3%; siehe Tabelle
1).
Arbeitslosigkeit geht mit hohem Risiko sozialer
Ausgrenzung einher
Eine hohe Beschäftigungsquote wurde neben der Reduktion
von Armut als eines der Kernziele der Europa-2020-Strategie für intelligentes,
nachhaltiges und integratives Wachstum formuliert. Tatsächlich belegen
die Zahlen aus EU-SILC den engen Zusammenhang zwischen finanzieller
Absicherung und Erwerbstätigkeit: So sind von den Ab-16-Jährigen 10%
der Erwerbstätigen, aber 57% der Arbeitslosen mit sozialer Ausgrenzung
konfrontiert (siehe Tabelle 2). Dabei gilt: Je länger die Arbeitslosigkeit
andauert, desto höher ist der Prozentsatz der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten
– bei Arbeitslosigkeit unter sechs Monaten im Jahr 2015 betrug die
Risikoquote 27%, bei zwölf oder mehr Monaten 79%.
8,3% der Erwerbstätigen gelten als Working
Poor
Personen, denen trotz Ausübung einer Erwerbstätigkeit
kein ausreichendes Haushaltseinkommen zur Verfügung steht, werden als
Working Poor bezeichnet: Laut EU-SILC 2016 waren insgesamt 8,3% der
Erwerbstätigen im Erwerbsalter armutsgefährdet, das entspricht 313.000
Personen – 133.000 Frauen (8%) und 180.000 Männer (9%). Besonders
häufig "arm trotz Arbeit" waren Personen mit nicht-österreichischer
Staatsbürgerschaft (25%) bzw. Geringqualifizierte (16% Erwerbstätige
mit maximal Pflichtschulabschluss, 15% in Hilfsarbeitsjobs). Auch in
Haushalten, in denen von einem Erwerbseinkommen in Kombination mit Sozialtransfers
mehrere Personen leben, ist das Working-Poor-Risiko hoch, beispielsweise
für Alleinerziehende (18%) – siehe Tabelle 3.
Detaillierte Ergebnisse bzw. weitere Informationen
zum Thema finden Sie auf unserer Webseite.
Methodische
Informationen, Definitionen:
EU-SILC: EU-Gemeinschaftsstatistik über
Einkommen und Lebensbedingungen (Statistics on Income and Living Conditions).
EU-SILC sammelt seit 2003 jährlich Informationen über die Lebensbedingungen
der Menschen in Privathaushalten in der Europäischen Union. Für Österreich
führt Statistik Austria dieses Projekt durch, bei dem pro Jahr rund
6.000 österreichische Haushalte befragt werden.
Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung, Europa-2020-Sozialzielgruppe
= Armutsgefährdung ODER geringe Erwerbsbeteiligung ODER materielle
Deprivation: Die soziale Eingliederung soll in der Europäischen
Union bis 2020 insbesondere durch Verminderung von Armut gefördert
werden, wobei angestrebt wird, mindestens 20 Millionen Menschen aus Gefährdungslagen
zu bringen (Ausgangswert 2008: rund 120 Millionen). Die Zielgruppe umfasst
Personen, auf die mindestens eines der drei folgenden Kriterien zutrifft:
Armutsgefährdung oder keine/sehr niedrige Erwerbsintensität im Haushalt
oder erhebliche materielle Deprivation. Die österreichische Bundesregierung
hat sich zum Ziel gesetzt, die Zahl der in Österreich in diesem Sinne
Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten um mindestens 235.000 Personen
bis zum Jahr 2020 zu verringern.
Armutsgefährdung meint ein im Verhältnis
zur Mitte der Bevölkerung geringes Haushaltseinkommen; als armutsgefährdet gelten in der EU jene Haushalte,
deren äquivalisiertes Nettohaushaltseinkommen unter 60% des Medians
aller äquivalisierten Nettohaushaltseinkommen des Landes liegt. Das
war in Österreich laut EU-SILC 2016 ein Betrag von 1.185 Euro pro Monat
für Alleinlebende, plus 592 Euro pro Monat für jeden weiteren Erwachsenen
im Haushalt und 355 Euro pro Monat für jedes Kind unter 14 Jahren.
Personen in Haushalten mit keiner oder sehr
niedriger Erwerbsintensität: Ein Haushalt mit geringer Erwerbsintensität
schöpft weniger als 20% seines Erwerbspotenzials aus – berechnet
auf Grundlage aller 18- bis 59-jährigen Personen im Haushalt (ohne
Studierende).
Europäischer Mindestlebensstandard; erhebliche
materielle Deprivation wird bei Zustimmung zu mindestens vier
von neun Aussagen über die Leistbarkeit von Gütern/Bedürfnissen für
den Haushalt festgelegt. Der Haushalt kann sich nicht leisten:
- regelmäßige Zahlungen in den letzten zwölf Monaten rechtzeitig
zu begleichen (Miete, Betriebskosten, Kreditrückzahlungen, Wohnnebenkosten,
Gebühren für Wasser, Müllabfuhr und Kanal, sonstige Rückzahlungsverpflichtungen);
- unerwartete Ausgaben bis zu 1.160 Euro zu finanzieren;
- die Wohnung angemessen warm zu halten;
- jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch (oder entsprechende vegetarische
Speisen) zu essen;
- einmal im Jahr eine Woche auf Urlaub zu fahren;
- einen Pkw;
- eine Waschmaschine;
- ein Fernsehgerät;
- ein Festnetztelefon oder Handy.
Working Poor (nach Eurostat-Definition):
Armutsgefährdete Personen im Erwerbsalter (18–64 Jahre), die im Verlauf
des Referenzjahres mehr als sechs Monate Vollzeit oder Teilzeit erwerbstätig
waren.
Rückfragen zum Thema beantworten in der Direktion
Bevölkerung, Statistik Austria:
Mag. Nadja LAMEI, Tel.: +43 (1) 71128-7336 bzw. nadja.lamei@statistik.gv.at
und
Mag. Richard HEUBERGER, Tel.: +43 (1) 71128-8285 bzw. richard.heuberger@statistik.gv.at
Soziale
Eingliederungsindikatoren der Europa-2020-Strategie | Basisjahr
20081) | 2016 |
---|
in
1.000 | in
% | in
1.000 | in
% |
---|
Armuts-
oder Ausgrenzungsgefährdung (in mind. 1 von 3 Bereichen) | 1.699 | 20,6 | 1.542 | 18,0 |
---|
Armutsgefährdung | 1.252 | 15,2 | 1.208 | 14,1 |
---|
Haushalte
mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität2) | 475 | 7,4 | 528 | 8,1 |
---|
Erhebliche
materielle Deprivation | 485 | 5,9 | 257 | 3,0 |
---|
|
Bevölkerungsgruppen | Personen
gesamt (=100%) in 1.000 | Armuts-
oder Ausgrenzungsgefährdung |
---|
in
1.000 | Risiko
in % |
---|
Bevölkerung
gesamt | 8.590 | 1.542 | 18 |
---|
Haupttätigkeit
(Ab-16-Jährige) | | | |
---|
Erwerbstätig | 3.824 | 380 | 10 |
---|
Davon Vollzeit | 2.897 | 256 | 9 |
---|
Davon Teilzeit | 927 | 124 | 13 |
---|
Pension | 1.971 | 319 | 16 |
---|
Arbeitslos | 386 | 219 | 57 |
---|
Haushalt | 597 | 212 | 36 |
---|
In
Ausbildung | 476 | 138 | 29 |
---|
|
Erwerbstätige
nach ausgewählten Erwerbs- und Haushaltsmerkmalen | Erwerbstätige
gesamt1) (=100%) in
1.000 | Working
Poor |
---|
in
1.000 | Risiko
in % |
---|
Erwerbstätige
gesamt | 3.790 | 313 | 8 |
---|
Männer | 1.922 | 180 | 9 |
---|
Frauen | 1.555 | 133 | 8 |
---|
Staatsbürgerschaft | | | |
---|
Österreich | 3.225 | 173 | 5 |
---|
Nicht-Österreich | 565 | 140 | 25 |
---|
Höchster
Bildungsabschluss | | | |
---|
Max.
Pflichtschule | 362 | 59 | 16 |
---|
Lehre/mittlere
Schule | 2.054 | 151 | 7 |
---|
Matura | 659 | 58 | 9 |
---|
Universität | 715 | 44 | 6 |
---|
Berufliche
Stellung | | | |
---|
Hilfsarbeit | 623 | 93 | 15 |
---|
Facharbeit | 797 | 52 | 6 |
---|
Hochqualifizierte
Tätigkeit | 536 | 20 | 4 |
---|
Haushaltstypen | | | |
---|
Mehrpersonenhaushalte
mit mind. 3 Kindern | 214 | 44 | 21 |
---|
Ein-Eltern-Haushalte | 97 | 17 | 18 |
---|
|
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Letzte Änderung am 02.05.2017