Pressemitteilung:
50 Jahre Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung
Wien, 2019
Rund 5 Mio. Interviews in 50 Jahren
Im Jahr 1968 fand die erste Mikrozensusbefragung statt.
Mit einer Stichprobe von rund
50 Jahre und rund fünf Mio. Interviews später hat sich viel geändert: Die Erhebungsinfrastruktur und Methodik wurden modernisiert und auch die inhaltliche Schwerpunktsetzung hat sich verlagert. Ursprünglich diente der Mikrozensus, die „kleine Volkszählung“, unter anderem dazu, Informationen zwischen den damals alle zehn Jahre statt findenden Volkszählungen zu liefern. Heute ist der Mikrozensus die zentrale Quelle für international vergleichbare Arbeitsmarktdaten.
Mikrozensus damals: moderne Erhebung und hohe Qualität
Ausgestattet mit Papier und Kugelschreiber strömten
im Frühjahr 1968 erstmals rund
Mikrozensus heute: Das Telefonstudio und computergestützte Erhebungen
Seit 2004 findet die Befragung überwiegend über
ein Telefonstudio statt, rund ein Drittel der Interviews – im Wesentlichen
alle Erstbefragungen – werden aber immer noch persönlich durchgeführt.
Papier und Kugelschreiber wichen dem Laptop, die Anzahl der befragten
Haushalte wurde auf
Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktstatistik im Wandel der Zeit
50 Jahre Arbeitsmarktentwicklung trugen auch zur inhaltlichen Weiterentwicklung des Mikrozensus bei. Anpassungen an einen sich wandelnden Arbeitsmarkt und internationale Harmonisierungen können allerdings zugleich die Vergleichbarkeit von Informationen in der Zeitreihe einschränken.
Eine der weitreichendsten Neuerungen erfolgte im Zuge des EU-Beitritts 1994 für den Erwerbsstatus mit der Umstellung vom Lebensunterhaltskonzept auf die internationale Definition gemäß International Labour Organisation (ILO). Seither gilt jede Person als erwerbstätig, die mehr als eine Stunde bezahlter Arbeit in der Woche geleistet hat. Zuvor galt eine Person erst ab einer wöchentlichen Arbeitszeit von 12 Stunden (bzw. 13 oder 14 Stunden, vgl. Methodenbox) als erwerbstätig.
Um den Wandel in der Arbeitswelt adäquat abbilden zu können, bedürfen auch Klassifikationen - u.a. von Wirtschaftsbranchen und Berufen - wiederkehrender Aktualisierungen. Dementsprechend spiegeln sich in den Berufsverzeichnissen struktureller Wandel, technischer Fortschritt und gesellschaftspolitischer Wertewandel wider. So finden sich im Systematischen Verzeichnis der Berufe von 1961 noch Lampenwärter, Zündholzhersteller und Heurigensänger. Die ehemals breit gefächerte Berufsgruppe der Bürstenmacher und Besenbinder wird mittlerweile als kunsthandwerklicher Beruf geführt. Aus dem Irrenarzt wurden Psychiater und Psychiaterinnen; aus dem Schwachsinnigenlehrer Sonderschullehrerinnen und -lehrer. Als neue Berufsgruppen tauchen in der noch heute gültigen internationalen Berufsklassifikation (ISCO08) beispielsweise Software-, Web- und Multimediaentwicklerinnen und -entwickler auf.
Erwerbstatus 1968 und heute
Der 50-Jahres-Vergleich zwischen 1968 und 2018 zeigt für die Erwerbsbeteiligung (nach dem Lebensunterhaltskonzept): Während bei den Männern (15 bis 64 Jahre) der Anteil der Erwerbstätigen leicht (von 82% auf 75%) gesunken ist, stieg der Anteil an Erwerbstätigen bei den Frauen von unter 50% auf 66% deutlich an (Tabelle 1).
Bei den 20- bis 59-Jährigen wird vor allem der Rückgang der Zahl der Hausfrauen sowie die Zunahme von Studierenden sichtbar (Tabelle 2). Vor 50 Jahren war in dieser Altersgruppe rund jede zweite Frau erwerbstätig, rund 40% waren sogenannte "erhaltene Personen" womit im Wesentlichen Hausfrauen erfasst wurden. 2018 waren gut drei Viertel (76%) der Frauen erwerbstätig und lediglich 8% bezeichneten sich als ausschließlich haushaltsführend. Unter den Männern dieser Altersgruppe war vor 50 Jahren die überwiegende Mehrheit erwerbstätig (92%), lediglich 3% zählten zu den erhaltenen Personen (überwiegend Studierende). Heute ist der Anteil erwerbstätiger Männer auf 83% gesunken. Bei Männern und Frauen ist im Zeitvergleich der Anteil der Arbeitslosen angestiegen.
Die häufigsten Berufe 1968 und heute
Auch wenn ein direkter Vergleich nicht möglich ist, da sich die Berufsklassifikation im Laufe der letzten 50 Jahre mehrfach verändert hat, verdeutlich ein Zeitvergleich dennoch Wandel und Kontinuität in der Berufsstruktur Österreichs. Die größte Veränderung der letzten 50 Jahre zeigt sich im Bedeutungsverlust von landwirtschaftlichen Berufen (Tabelle 3). 1968 waren landwirtschaftliche Berufe die mit Abstand wichtigste Berufssparte (19%). Rund jede vierte erwerbstätige Frau (25%) und rund jeder siebte Mann (15%) übte einen landwirtschaftlichen Beruf im Ackerbau, Tierzucht oder einen Gartenberuf aus. Heute sind es 4% bei den Männern und 2% bei den Frauen. Kontinuität besteht bei den Männern im hohen Stellenwert von technischen Berufen und Bauberufen und bei Frauen in der hohen Dominanz von Dienstleistungsberufen insbesondere bei Bürotätigkeiten und im Handel.
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Weitere
Informationen zum Arbeitsmarkt finden Sie auf unserer Webseite.
Informationen zur Methodik, Definitionen:
Die vorliegenden Daten stammen aus dem Mikrozensus bzw. seit 1994 aus
der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung (Europäischen Arbeitskräfteerhebung),
die in allen Mitgliedsstaaten der EU stattfindet. Dabei werden in zufällig
ausgewählten privaten Haushalten in standardisierter Form Informationen
zu Erwerbstätigkeit und Arbeitssuche erhoben. Aufgrund von Stichprobenumstellungen
kam es in den Jahren 1974, 1984, 1994 und 2004 zu Zeitreihenbrüchen.
Bis 2003 erfolgte die Erhebung in den Monaten März, Juni, September
und Dezember. Seit 2004 werden laufend über alle Wochen wöchentlich
ca.
Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit:
Seit 1968 wurde im Mikrozensus Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit
nach dem Lebensunterhaltskonzept (LUK) gefragt. 1994 wurde das von der
Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vorgegebene ILO-Konzept (internationale
Definition) eingeführt und dient seither als primäres Auswertungsmerkmal.
Der Erwerbstatus nach dem Lebensunterhaltskonzept wird weiterhin parallel
dazu erhoben.
Erwerbstatus nach dem Lebensunterhaltskonzept
(LUK): Beim Lebensunterhaltskonzept (LUK) geben die Respondenten/Respondentinnen
selbst an, welcher der folgenden sozialen Gruppe sie angehören: erwerbstätig,
Präsenz-/Zivildiener, in Elternkarenz, arbeitslos, in Pension, haushaltsführend,
Schülerin/Schüler und Studierende, dauerhaft arbeitsunfähig (seit
2004), anderes. Diese Einstufung wird von den Befragten seit 2004 in
der Regel nach dem Überwiegensprinzip getroffen. Beispielsweise werden
sich Studierende, die in der Referenzwoche wenige Stunden arbeiten,
als Studierende einordnen, obwohl sie nach dem ILO-Konzept erwerbstätig
sind. Hier weichen die Begriffe der Erwerbstätigkeit, Arbeitslosigkeit
etc. von den Richtlinien der ILO ab. Erwerbstätig
nach Lebensunterhaltskonzept Als erwerbstätig zählten von 1968
bis 1983 alle Personen mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von
mindestens 14 Stunden, von 1984 bis 1990 alle Personen mit einer wöchentlichen
Normalarbeitszeit von mindestens 13 Stunden, von 1991 bis 2003 alle
Personen mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von mindestens 12
Stunden. Seit 2004 wird für Erwerbstätigkeit nach dem Lebensunterhaltskonzept
keine Mindestanzahl von Wochenstunden mehr gefordert, sondern die Ergebnisse
beruhen ausschließlich auf den subjektiven Angaben der Befragten. Präsenzdiener
zählten bis 1993 nur dann als erwerbstätig, wenn sie zuvor berufstätig
waren (als Gruppe identifizierbar sind diese Personen erst ab 1984).
Ab 1994 zählten auch die zuvor nicht berufstätigen Präsenz- und Zivildiener
als erwerbstätig. Personen in Elternkarenz zählten ab 1984 zu den
Erwerbstätigen (zuvor zu den Arbeitslosen). Auch die Einordnung als
Person in Elternkarenz oder als Präsenz-, Zivildiener erfolgt seit
2004 grundsätzlich nach der Einschätzung durch die befragten Personen. Arbeitslos
nach Lebensunterhaltskonzept Bis 1986 zählte eine Person als
arbeitslos, wenn sie sich selbst der Gruppe der Arbeitslosen zuordnete,
bereits einmal in einem Arbeitsverhältnis stand und Arbeit suchte,
gleichgültig ob Arbeitslosengeld oder Notstandhilfe bezogen wurde oder
nicht. Personen, die eine Arbeit oder eine Lehrstelle suchten, ohne
zuvor jemals beschäftigt gewesen zu sein, wurden nicht zu den Arbeitslosen
gezählt. Bis 1983 zählten grundsätzlich auch Personen in Elternkarenz
als arbeitslos. Ab 1987 zählte eine Person als arbeitslos auch ohne
vorherige Berufstätigkeit, wenn sie beim Arbeitsamt vorgemerkt oder
auf Arbeitssuche (ohne Vormerkung beim Arbeitsamt) war und innerhalb
eines Monats verfügbar war. Seit 1994 gibt es für die Einstufung als
Arbeitslose keine Vorgaben mehr, sondern die Ergebnisse beruhen ausschließlich
auf den subjektiven Angaben der Befragten.
Erwerbstatus nach internationaler Definition (ILO): Wird seit 1994 erhoben. Erwerbstätige
nach internationaler Definition sind Personen, die in der Referenzwoche
mindestens eine Stunde gearbeitet haben oder die wegen Urlaub, Krankheit
usw. nicht gearbeitet haben, aber normalerweise einer Beschäftigung
nachgehen. Präsenz- und Zivildiener sind ausgeschlossen. Arbeitslose
nach internationaler Definition sind Personen, die im Sinne dieses
Konzeptes nicht erwerbstätig sind, die weiters innerhalb der nächsten
beiden Wochen nach der Referenzwoche eine Arbeit aufnehmen können und
in der Referenzwoche oder den drei vorhergehenden Wochen aktiv eine
Arbeit gesucht haben oder nur deshalb nicht gesucht haben, weil sie
bereits eine Arbeit gefunden haben, die sie innerhalb von drei Monaten
aufnehmen werden.
Erwerbstätigenquote: Erwerbstätige
im Alter von 15 bis 64 Jahren bezogen auf die gleichaltrige Bevölkerung.
Arbeitslosenquote: Arbeitslose im Alter
von 15 bis 74 Jahren bezogen auf die gleichaltrigen Erwerbspersonen (Erwerbstätige
und Arbeitslose).
Rückfragen zum Thema beantworten in der Direktion
Bevölkerung, Statistik Austria:
Mag. Käthe KNITTLER, Tel.:
Mag. Cornelia MOSER, Tel.:
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Bundesanstalt Statistik Österreich, Redaktion: Mag. Beatrix Tomaschek
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