Pressemitteilung:
Mindestsicherung 2020: Leistungsbezug im Corona-Jahr um 2,8% zurückgegangen
Wien, 2021
Die Maßnahmen zur Krisenbewältigung (vor allem Einmalzahlungen an Arbeitslose, befristete Anhebung der Notstandshilfe, Mietstundungen, Kurzarbeitsbeihilfen, diverse Wirtschaftshilfen) trugen wesentlich dazu bei, dass die Mindestsicherung 2020 nicht in verstärktem Ausmaß in Anspruch genommen werden musste.
Werden die in Bedarfsgemeinschaften lebenden, selbst
aber nicht von der Mindestsicherung unterstützten Kinder in die Zählung
miteinbezogen (siehe Tabelle 2), lag die Jahressumme 2020 bei
Wien weiterhin mit der höchsten Bezugsquote
Wie in den Vorjahren lag Wien mit einer überdurchschnittlich hohen Bezugsquote von 7,1% (Anteil der Personen in der Mindestsicherung an der Jahresdurchschnittsbevölkerung) deutlich vor den anderen Bundesländern, deren Mindestsicherungsquote von 0,6% (Oberösterreich) bis 1,5% (Vorarlberg) reichte (Bundesländerdurchschnitt: 2,3%). Fast zwei Drittel hatten ihren Wohnsitz in Wien, während im restlichen Österreich zwischen 1% (Burgenland) und 8% (Niederösterreich, Steiermark) der Unterstützten lebten; in Nieder- und Oberösterreich zählten infolge der Umsetzung des Grundsatzgesetzes auch die Sozialhilfebeziehenden zum erfassten Personenkreis (die anderen Bundesländer hatten mit dem Übergang von der Mindestsicherung zur Sozialhilfe 2020 noch nicht begonnen).
Mehr weibliche und nicht-österreichische Personen in der Mindestsicherung
Es gab wieder mehr weibliche (52%) als männliche (48%) Personen in der Mindestsicherung (siehe Tabelle 3). Der Kinder-Anteil (37%) ging leicht zurück (2019: 38%). 94% der Kinder waren minderjährig, 8% volljährig; 82% wurden im Rahmen der Mindestsicherung unterstützt, 18% erhielten ihren Bedarf von anderer Seite gedeckt (in der Regel durch Unterhaltszahlungen).
2020 bezogen geringfügig mehr Personen aus Drittstaaten (46%) als österreichische Staatsangehörige (45%) Mindestsicherung; der Rest setzte sich aus EU-/EWR-/Schweizer Staatsangehörigen (7%) und sonstigen Personen (2%; unbekannte Staatsangehörigkeit oder staatenlos) zusammen. 37% waren Asylberechtigte (33%) oder subsidiär Schutzberechtigte (4%). Tirol und Vorarlberg wiesen sowohl bei diesen wie bei den nicht-österreichischen Mindestsicherungsbezieherinnen und -beziehern insgesamt überdurchschnittlich hohe Anteile auf (siehe Tabelle 3).
Zunahme der Bezugsdauer und Konstanz beim Erwerbsstatus
Knapp drei Viertel der Personen erhielten länger als ein halbes Jahr Mindestsicherung, 12% wurden vier bis sechs, die restlichen 14% maximal drei Monate lang unterstützt (2019: 72%:13%:15%). In Wien standen 80% der Personen länger als ein halbes Jahr im Leistungsbezug, in der Mehrzahl der Bundesländer waren es weniger als zwei Drittel. Dementsprechend lag die durchschnittliche Bezugsdauer in der Bundeshauptstadt mit 9,6 Monaten (2019: 9,5) deutlich über den meisten anderen Bundesländern, bei denen die Spannbreite von 6,4 (Vorarlberg) bis 9,3 Monaten (Burgenland) reichte (2019: 6,2 bis 8,6 Monate).
Wie im Vorjahr waren nur 8% der Personen mit Mindestsicherungsbezug erwerbstätig, hingegen 34% als arbeitslos registriert. Auch die Verteilung jener Personengruppen, die dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung standen, blieb die gleiche: 38% befanden sich noch im Vorschul- bzw. Pflichtschulalter oder bereits in Pension, 9% waren arbeitsunfähig, jeweils 5% besuchten die Schule über das Pflichtschulalter hinaus oder hatten Kinderbetreuungspflichten.
Knapp die Hälfte der Personen in der Mindestsicherung hatte keine anrechenbaren Einkünfte. Bei den Personen mit Einkünften bezogen 15% ein Erwerbseinkommen, 37% Arbeitslosenleistungen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe etc.) und 47% diverse andere Leistungen (Kinderbetreuungsgeld, Unterhalt, Pension etc.); im Vorjahr war die Verteilung nach den Einkunftsarten ähnlich gewesen (17%: 36%:47%).
Teilbezug weiterhin dominierend; Anstieg bei der monatlichen Leistungshöhe und den Ausgaben
Über 70% der Bedarfsgemeinschaften – die Bedarfsgemeinschaft,
bestehend aus einer oder mehreren Personen, ist die Einheit der Leistungsbemessung
in der Mindestsicherung – erhielten eine Aufstockung bzw. Ergänzung
zu ihren angerechneten Einkünften (Teilbezug).
Im Vollbezug der Mindestsicherung (keine
Person hat ein anrechenbares Einkommen) steht traditionell die Minderzahl
der Bedarfsgemeinschaften (2020: 29%); gegenüber dem Vorjahr haben
letztere
Die monatliche Leistungshöhe
pro Bedarfsgemeinschaft lag im Jahresdurchschnitt 2020 bei 699 Euro
Die Ausgaben der Länder
und Gemeinden für die Mindestsicherung betrugen im Jahr 2020 insgesamt
959 Mio. Euro (Lebensunterhalt und Wohnen: 906 Mio. Euro, Krankenhilfe:
53 Mio. Euro), das waren um 46 Mio. Euro
Detaillierte Ergebnisse bzw. weitere Informationen zur Mindestsicherungs- und Sozialhilfestatistik finden Sie auf unserer Webseite.
Informationen
zur Methodik, Definitionen:
Mit dem Auslaufen der Bund-Länder-Vereinbarung zur bedarfsorientierten
Mindestsicherung (BMS) Ende 2016 entfiel auch die Grundlage zur Erstellung
der bisherigen BMS-Statistik. Das in der Folge erreichte informelle
Bund-Länder-Übereinkommen bildet die Basis für die Mindestsicherungsstatistik
ab dem Berichtsjahr 2017. Diese erfasst die Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs außerhalb von stationären
Einrichtungen sowie die Krankenhilfe (Einbeziehung in die Krankenversicherung,
d. h. Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge, und allfällige sonstige
Leistungen, wie z. B. Selbstbehalte). Zum einbezogenen Personenkreis
gehören auch jene (minderjährigen und volljährigen) Kinder, die selbst
nicht von der Mindestsicherung unterstützt werden (weil zum Beispiel
der Unterhalt über dem Mindeststandard liegt), aber in Bedarfsgemeinschaften
mit Mindestsicherungsbezug leben; volljährige Kinder sind Personen,
die nach dem vollendeten 18. Lebensjahr noch Familienbeihilfe beziehen.
Nicht zum Erfassungsbereich zählen hingegen die im Rahmen der Wohnbauförderung
gewährte Wohnbeihilfe, Betreuungs- und Pflegeleistungen, Leistungen
aus dem Titel der Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung sowie der
ausschließliche Bezug von Taschengeldern und von Hilfen in besonderen
Lebenslagen oder sonstigen spezifischen (einmaligen) Aushilfen (z. B.
für Energiekostennachzahlungen oder Begräbniskosten).
Mit der Mindestsicherungsstatistik ab 2017
stehen auf Bundesebene erstmals Daten zum Alter, zur Staatsangehörigkeit,
zum aufenthaltsrechtlichen Status, zum Erwerbsstatus, zu den angerechneten
Einkünften, zu Teil- und Vollbezug sowie zu Sanktionen und Leistungen
zum Arbeitsanreiz zur Verfügung. Neu ist zudem, dass neben den Jahressummen
auch Angaben zu Monaten (April und November) und zum Jahresdurchschnitt
(Durchschnitt der zwölf Monatswerte) vorliegen.
Mit Beginn des Berichtsjahres 2020 sind
die ersten Daten der neuen Sozialhilfestatistik angefallen. Die Erhebungsmerkmale
sind mit jenen der Mindestsicherungsstatistik weitgehend ident, in einigen
Punkten aber erweitert bzw. abgeändert worden. Grundlage ist das Sozialhilfe-Statistikgesetz,
das im Zusammenhang mit der Neuregelung der Mindestsicherung als Sozialhilfe
auf Basis des Bundes-Grundsatzgesetzes und der Ausführungsgesetze der
Länder steht. Im Großteil der Bundesländer blieb weiterhin die Mindestsicherung
in Kraft, lediglich in Nieder- und Oberösterreich wurde diese ab Jahresbeginn
durch die Sozialhilfe ersetzt. 2020 stellt somit das erste Jahr einer
"gemischten" Mindestsicherungs- und
Sozialhilfestatistik dar. Die Kombination von Mindestsicherungs-
und Sozialhilfedaten wird auch die kommenden Jahre betreffen, wenn die
anderen Bundesländer den Übergang zur Sozialhilfe ebenfalls vollziehen
und Leistungsbezüge aus beiden Systemen eine Zeit lang parallel bestehen
werden.
Konkret setzt sich die Statistik 2020 aus den Mindestsicherungsdaten
von Burgenland, Kärnten, Salzburg, Steiermark, Tirol und Wien sowie
den Mindestsicherungs- und Sozialhilfedaten von Nieder- und Oberösterreich
zusammen. Wie in den letzten Jahren standen von sechs Bundesländern
(Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Wien) anonymisierte Einzeldaten
und von den drei anderen Ländern Aggregatdaten
zur Verfügung. Bei den Aggregatdaten für Niederösterreich (zur Mindestsicherung
und Sozialhilfe) konnten nicht alle bisher möglichen Angaben (im Rahmen
der Mindestsicherung) auch in der integrierten Form bereitgestellt werden,
so dass zu den bestehenden Datenlücken bei diesem Bundesland weitere
hinzugekommen sind. Im Unterschied dazu war es bei Oberösterreich möglich,
aus den vorhandenen Einzeldaten zur Mindestsicherung einerseits und
zur Sozialhilfe andererseits einen integrierten Datensatz mit den gemeinsamen
Merkmalen zu erstellen und für die Statistik entsprechend auszuwerten.
Wie für die Vorjahre gilt, dass die Einzeldaten nur geringfügige Lücken
aufweisen (Burgenland), während die Aggregatdaten zu erheblichen Teilen
unvollständig bzw. auch in ihrer sonstigen Datenqualität nicht zur
Gänze den Vorgaben entsprechen (Niederösterreich, Vorarlberg).
Rückfragen zum Thema beantwortet das Team der Mindestsicherungs- und Sozialhilfestatistik in der Direktion Bevölkerung, Statistik Austria: shs@statistik.gv.at
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