Pressemitteilung: 12.396-236/20
Wien, 2020-12-11 –
Seit Beginn der Pandemie bis Mitte/Ende Oktober 2020 haben rund 349.000 Personen
(statistische Schwankungsbreite 282.000 bis 420.000 Personen) in Österreich
eine Infektion mit SARS-CoV-2 durchgemacht und damit Antikörper gegen
SARS-CoV-2 gebildet. Darunter sind rund 61% behördlich unerkannte Infektionen.
Das ergab eine Hochrechnung der Stichprobendaten zu bisher durchgemachten
Infektionen auf Basis der gebildeten Antikörper (Seroprävalenz) im
Rahmen der bundesweiten COVID-19 Prävalenzstudie, die Statistik Austria
und die Medizinische Universität Wien im Auftrag des Bundesministeriums
für Bildung, Wissenschaft und Forschung und in Zusammenarbeit mit dem
Österreichischen Roten Kreuz durchgeführt hat.
"Zwischen Mitte und Ende Oktober hatten 4,7%
der österreichischen Wohnbevölkerung ab 16 Jahren Antikörper gegen
SARS-CoV-2 und damit seit Beginn der Pandemie eine Infektion durchgemacht.
Drei von fünf Infizierten blieben dabei behördlich unentdeckt",
so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.
"Die insgesamt niedrige Prävalenz von neutralisierenden
Antikörpern unterstreicht, wie lange es bei der notwendigen Verlangsamung
der Virusausbreitung und ohne Impfung dauern würde, bis es in der österreichischen
Bevölkerung zum Zustand der sogenannten Herdenimmunität kommen würde",
ergänzen die Projektleiter der Medizinischen Universität Wien, Robert
Strassl und Lukas Weseslindtner.
Seroprävalenz von SARS-CoV-2-Infektionen
lag Mitte/Ende Oktober bei 4,7%
Von 12. bis 14. November 2020 wurde bei 2.229 Personen
Blut abgenommen. Bei 92 Proben wurden neutralisierende, also gegen eine
Infektion schützende Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen. Auf
Basis wissenschaftlicher Studien kann davon ausgegangen werden, dass
virusspezifische Antikörper nach einem Zeitraum von rund drei Wochen
verlässlich nachgewiesen werden können. Dementsprechend spiegelt der
Testzeitraum von 12. bis 14. November 2020 die Infektionssituation in
Österreich bis Mitte/Ende Oktober wider.
Die Hochrechnung der Stichprobendaten hat ergeben,
dass rund 4,7% (95%-KI: mindestens 3,8%, maximal 5,6%) der in Privathaushalten
lebenden Bevölkerung ab 16 Jahren bis Mitte/Ende Oktober 2020 eine SARS-CoV-2-Infektion
durchgemacht haben und daher Antikörper besitzen.
Ein Abgleich mit den Daten des Epidemiologischen Meldesystems
(EMS) zeigt, dass rund 61% der Fälle behördlich unentdeckt sind. Auffallend
ist, dass besonders in dieser Gruppe der Anteil an symptomarmen Personen
hoch ist (26 von 57 Personen berichten zwischen Mitte Februar und de
Oktober kein oder ein Symptom). Dementsprechend geht auch ein Großteil
dieser Personen nicht davon aus infiziert gewesen zu sein, obwohl Antikörper
nachgewiesen wurden (44 von 57 Personen schätzen diese Möglichkeit
als zumindest gering ein).
Die Seroprävalenz ist in Westösterreich (Tirol,
Vorarlberg, Salzburg, Oberösterreich, 5,7%, 95%-KI 4,1-7,4%) höher
als in Ostösterreich (Wien, Burgenland, Niederösterreich, 3,8%, 95%-KI
2,7-4,8%).
Prävalenz von SARS-CoV-2-Infektionen lag
Mitte November bei 3,1%
Erste Zwischenergebnisse
zum Anteil der infizierten Personen im Zeitraum 12. bis 14. November 2020
wurden bereits präsentiert. Diese Ergebnisse wurden mittlerweile mit
den EMS-Daten validiert. Die hochgerechnete Gesamtzahl der SARS-CoV-2-Infektionen
von 12. bis 14. November 2020 beträgt 233.000 (3,1% der in Privathaushalten
lebenden Bevölkerung ab 16 Jahren). Unter Berücksichtigung der statistischen
Schwankungsbreite liegt dieser Wert zwischen 195.000 und 261.000 (95%
KI: 2,6%-3,5%) infizierten Personen Mitte November.
Detaillierte Ergebnisse der COVID-19 Prävalenzstudie
sowie die Ergebnisse der Befragung zu Risikowahrnehmung, Wohlbefinden
und Einhalten der Verhaltensregeln vor dem zweiten Lockdown finden Sie
im Kurzbericht (PDF,
543 KB) oder in der Präsentation
(PDF, ca. 1,6 MB) zur Pressekonferenz vom 11. Dezember 2020.
Informationen
zur Methodik, Definitionen:
COVID-19-Prävalenz: Anteil der Bevölkerung ab 16 Jahren in Privathaushalten,
bei dem zum Testzeitpunkt eine Infektion mit SARS-CoV-2 feststellbar
ist.
PCR-Analysen: Um aktuelle SARS-CoV-2-Infektionen
festzustellen, wurden Proben, die durch Nasen-Rachen-Abstrich entnommenen
wurden, mittels PCR (Polymerase-Ketten-Reaktion) analysiert (2.263 Personen).
Außerdem wurden Blutproben (2.229 Personen) abgenommen und serologisch
auf Antikörper untersucht, ob die getesteten Personen bereits zuvor
eine Infektion durchgemacht hatten.
Seroprävalenz: Anteil der Bevölkerung,
der bereits eine Infektion durchgemacht und Antikörper entwickelt hat.
Studiendesign: Bei einer Stichprobengröße von 7.823 in Privathaushalten
wohnhaften Personen ab 16 Jahren beantworteten rund 2.711 Personen bis
Ende Oktober einen Fragebogen. Davon vereinbarten 2.504 Personen einen
Termin für eine umfangreiche Coronavirus-Testung (Nasen-Rachen-Abstrich,
Antikörperschnelltest und Blutabnahme) bei einer der 53 Teststationen
des Roten Kreuzes. Zwischen 12. und 14. November wurden die Testungen
österreichweit durchgeführt.
Detektion von Antikörpern: Das Testverfahren
für die Detektion von Antikörpern war sehr aufwendig: Zunächst wurden
zwei hochsensitive, laborbasierte serologische Verfahren angewendet,
um das Blut auf SARS-CoV-2-spezifische Antikörper zu untersuchen. Beide
Verfahren, jeweils ein ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay) und
ein CLIA (Chemiluminescent Immunoassay), zeichnen sich durch eine hohe
Spezifität und Sensitivität aus. Die Verfahren benutzen zudem unterschiedliche
Zielantigene und weisen verschieden "Arten" von Antikörperklassen
nach. Dies erhöhte die Sensitivität der Testung nachweislich. Um höchste
Spezifität der Testung zu gewährleisten und um eine Einschätzung
bezüglich in der Bevölkerung bereits vorhandener (durch Antikörper
vermittelter) Immunität gegen SARS-CoV-2 zu treffen, wurde jede in
der First-Line-Testung grenzwertige oder positive Probe mit einem Neutralisationstest
nochmals bestätigt. Der Neutralisationstest ermöglicht es, SARS-CoV-2
neutralisierende Antikörper bei einer nahezu 100%igen Spezifität (Ausschluss
von falsch-positiven Ergebnissen in herkömmlichen Bindungstests) nachzuweisen.
Zusätzlich wurde ein Antikörper-Schnelltest unmittelbar nach der Blutabnahme
durchgeführt, um dessen Nutzen für Seroprävalenzstudien dieser Art
zu evaluieren. Dabei wurden die laborbasierte Antikörpertestung und
die mittels Neutralisationstest gesicherten Antikörper-positiven Proben
als Referenz verwendet, um die Sensitivität des Antikörper-Schnelltests,
zu evaluieren.
Hochrechnung: Die Hochrechnung der Stichprobendaten
der COVID-19 Prävalenzstudie erfolgte nach den Merkmalen Alter, Geschlecht,
Bundesland, Urbanisierungsgrad, Haushaltsgröße, Bildung, Staatsbürgerschaft,
Vorerkrankungen (Eckdaten der Gesundheitsbefragung), Risikogebiet (laut
relativem Anteil der positiv gemeldeten Personen auf Gemeindeebene)
und der Anzahl an bekannten bereits vor dem Testzeitraum positiv auf
SARS-CoV-2 getesteten Personen laut EMS. Die Schätzung der Konfidenzintervalle
(KI) erfolgte mittels Bootstrapverfahren (Rescaled bootstrap for stratified
multistage sampling).
Rückfragen zum Thema beantwortet in der Direktion
Bevölkerung, Statistik Austria:
Mag. Dr. Matea PASKVAN, E-Mail: matea.paskvan@statistik.gv.at
Medieninhaber, Hersteller und Herausgeber:
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Letzte Änderung am 11.12.2020