Pressemitteilung: 12.377-217/20
Wien, 2020-11-26 –
Zwischen 12. und 14. November 2020 waren in Österreich rund 166.000 bis
295.000 Personen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert. Rund 55% der
positiv getesteten Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer waren bisher
noch nicht behördlich registriert, da sie im Rahmen dieser Studie erstmals
positiv getestet wurden. Bei den meisten davon wäre die Infektion unentdeckt
geblieben, da sie keine oder wenige Symptome aufwiesen. Das zeigen erste
Zwischenergebnisse der aktuellen landesweiten COVID-19 Prävalenzstudie,
die Statistik Austria im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung,
Wissenschaft und Forschung sowie in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen
Roten Kreuz sowie der Medizinischen Universität Wien durchführt.
"Mitte November lag der Anteil
SARS-CoV-2-Infizierter an der österreichischen Wohnbevölkerung ab
16 Jahren im Schnitt bei 3,1%. Dabei waren die Anteile in Westösterreich
signifikant höher als in Ostösterreich. Im Vergleich zu den letzten
Prävalenzstudien im April und Mai zeigt sich damit ein erheblicher
Anstieg des Infektionsgeschehens kurz vor dem zweiten Lockdown",
so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.
Bei den vorliegenden Auswertungen handelt es sich
um vorläufige Daten, die zeitnah zur Erhebung veröffentlicht werden,
um die Bevölkerung rasch über das aktuelle Infektionsgeschehen (aktive
SARS-CoV-2-Infektionen) zu informieren. Nach der Validierung dieser
ersten Ergebnisse mit den für Ende November erwarteten Registerinformationen
des Elektronischen Meldesystems (EMS) werden Mitte Dezember endgültige
Daten vorliegen. Ebenso werden erstmalig für ganz Österreich die Ergebnisse
zur Seroprävalenz Mitte Dezember veröffentlicht. Diese gibt Auskunft
über bereits durchgemachte SARS-CoV-2-Infektionen auf Basis gebildeter
Antikörper.
Prävalenz von SARS-CoV-2-Infektionen liegt
bei 3,1%
Die Brutto-Stichprobe der Prävalenzstudie umfasste
insgesamt 7.823 in Privathaushalten lebende Personen ab 16 Jahren. Davon
haben bis Ende Oktober 2.504 Personen zugesagt, sich an einem vereinbarten
Termin auf SARS-CoV-2 testen zu lassen. Von 12. bis 14. November wurde
bei 2.263 Personen ein Nasen-Rachen-Abstrich abgenommen. Bei 48 Personen
ergab die PCR-Analyse des Abstrichs ein positives Testergebnis. Eine
Nachbefragung bei Personen, die zum Testzeitpunkt nicht erschienen waren,
ergab, dass sich zu diesem Zeitpunkt zumindest 24 Personen in behördlich
angeordneter Quarantäne aufgrund eines positiven Testergebnis befanden.
In Summe waren somit mindestens 72 Stichprobenpersonen im Zeitraum 12.
bis 14. November 2020 mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert.
Die hochgerechnete Gesamtzahl der Infektionen von
12. bis 14. November 2020 beträgt 228.000. Das entspricht einem Anteil
von 3,1% der in Privathaushalten lebenden Bevölkerung ab 16 Jahren.
Unter Berücksichtigung der statistischen Schwankungsbreite liegt dieser
Wert zwischen 166.000 und 295.000 infizierten Menschen bzw. einer Prävalenz
von 2,2% bis 4,0%. Dabei ist die Prävalenz in Westösterreich (Tirol,
Vorarlberg, Salzburg, Oberösterreich) signifikant höher als in Ostösterreich
(Wien, Niederösterreich, Burgenland).
Insgesamt ist die Zahl der geschätzten Infektionen
wesentlich höher als in den bisherigen Prävalenzstudien, die Anfang
April 2020 von SORA sowie Ende April und Ende Mai von Statistik Austria
durchgeführt wurden. Waren auf Basis der Hochrechnung Anfang April
während des ersten Lockdowns noch maximal 0,8% Personen in Österreichs
Privathaushalten infiziert (95%-Konfidenzintervall), so sank der Anteil
Ende April und Ende Mai auf unter 0,2%. Zur aktuellen Testphase –
kurz vor dem zweiten Lockdown – war der Anteil der maximal mit dem
Coronavirus SARS-CoV-2 Infizierten auf bis zu 4,0% angestiegen.
55% der Infektionen waren nicht behördlich
erfasst und diese sind größtenteils symptomarm
Weniger als die Hälfte der in der Studie nachgewiesenen
SARS-CoV-2-Infektionen (103.000) waren laut Auskunft der befragten bzw.
getesteten Personen bereits behördlich bekannt (Personen in behördlicher
Quarantäne mit positivem Testergebnis sowie Personen, die bereits zurückliegend
ein positives Testergebnis hatten und in dieser Studie wiederholt positiv
getestet wurden). Daraus lässt sich ableiten, dass rund 55% der akuten
Infektionen behördlich unerkannt bleiben.
Von den 72 infizierten Personen führten 20 (28%)
zum Testzeitpunkt keinerlei Symptome (aus einer Liste von insgesamt
13 möglichen Symptomen) an. Insgesamt 29 Personen (40%) gaben höchstens
ein Symptom an. Bei den behördlich unerkannten Fällen war der Anteil
von Personen mit höchstens einem Symptom besonders hoch (26 von 37 Personen,
bzw. 70%). Nur ein geringer Anteil dieser Gruppe (5 von 37 bzw. 14%)
hatte erwartet, zum Testzeitpunkt infiziert zu sein. In Summe verläuft
die Infektion demnach vor allem bei den behördlich nicht erfassten
Personen überwiegend symptomfrei und bleibt ohne Testung unbemerkt.
Die Studie kann jedoch nicht klären, ob diese Personen noch vorsymptomatisch
sind und erst in Folge Symptome entwickeln.
Maßnahmenakzeptanz und Testdichte vor dem
zweiten Lockdown
Laut den bis Mitte/Ende Oktober erhobenen Fragebogendaten
von 2.711 Personen wurden seit Beginn der Pandemie 20% der Bevölkerung
ab 16 Jahren zumindest einmal auf eine aktuelle SARS-CoV-2-Infektion
getestet. Darunter wurden 6% der Bevölkerung bereits mehrmals getestet.
Die Testdichte ist bei Erwerbstätigen (23%) im Vergleich zu pensionierten
Personen (16%) signifikant höher. Gleichzeitig ist auch die Prävalenz
der aktuellen Infektionen bei Erwerbstätigen tendenziell höher, was
auf eine geringere Dunkelziffer in dieser Gruppe hindeutet. Die Fallzahlen
reichen jedoch nicht für eine gesicherte Aussage.
Erste Ergebnisse aus den Fragebogendaten zu den von
der Regierung gesetzten Maßnahmen zeigen darüber hinaus, dass Mitte/Ende
Oktober und somit noch vor dem aktuellen Lockdown 81% der österreichischen
Wohnbevölkerung die Maßnahmen als angemessen empfunden haben oder
sich sogar stärkere Maßnahmen wünschten. Unterschiede zeigen sich
bezogen auf das Alter: So empfanden mehr als ein Viertel (26%) der 16-
bis 24-Jährigen die Mitte/Ende Oktober geltenden Maßnahmen als (eher)
übertrieben. Aufgrund der seit der Befragung stark veränderten Lebensbedingungen
(zweiter Lockdown etc.) kann die damaligen Maßnahmenakzeptanz nicht
auf die derzeitige Situation umgelegt werden.
Information
zur Methodik, Definitionen:
COVID-19-Prävalenz: Anteil der Bevölkerung
ab 16 Jahren in Privathaushalten, bei dem zum Testzeitpunkt eine Infektion
mit SARS-CoV-2 feststellbar ist.
PCR-Analysen: Die Polymerase-Ketten-Reaktion
(PCR) ist eine Labormethode zur Untersuchung der molekularen Feinstruktur
der Erbsubstanz. Mittels dieser Methode ist es möglich, eine akute
Infektion mit SARS-CoV-2 diagnostisch festzustellen. In dieser Studie
werden positiv getestete Proben ein zweites Mal getestet, um das positive
Ergebnis zu bestätigen.
Seroprävalenz: Anteil der Bevölkerung,
der bereits eine Infektion durchgemacht und Antikörper entwickelt hat.
Studiendesign und Anteil der positiven Personen: Bei einer Stichprobengröße
von 7.823 in Privathaushalten wohnhaften Personen ab 16 Jahren, beantworteten
rund 2.711 Personen bis Ende Oktober einen Fragebogen. Davon vereinbarten
2.504 Personen einen Termin für eine umfangreiche Coronavirus-Testung
(Nasen-Rachen-Abstrich, Antikörperschnelltest und Blutabnahme) bei
einer der 53 Teststationen des Roten Kreuzes. Zwischen 12. und 14. November
wurden die Testungen österreichweit durchgeführt. 2.263 Nasen-Rachen-Abstriche
wurden durchgeführt. Bei 48 Personen ergab die PCR-Analyse des Abstrichs
ein positives Testergebnis. Aufgrund des um den Testzeitpunkt deutlich
erhöhten Anteil an behördlich positiv getesteten Personen (siehe https://covid19-dashboard.ages.at/dashboard.html)
konnte ein Teil der Personen, die bereits einen Testtermin hatten, nicht
wie vereinbart getestet werden (bestehender Absonderungsbescheid). Eine
Nachbefragung unter den nicht erschienenen Personen zeigt zwar, dass
die meisten Testtermine aufgrund zeitlicher Probleme nicht eingehalten
werden konnten, für 24 Personen machte jedoch eine behördliche angeordnete
Absonderung eine Testung außerhalb des Zuhauses unmöglich. Sie waren
zum vereinbarten Testzeitpunkt bereits in behördlich angeordneten Quarantäne
aufgrund eines positiven Testergebnis. In Summe wurden somit in der
vorliegenden COVID-19 Prävalenzstudie 72 positive Personen für die
Hochrechnung herangezogen.
Konfidenzintervallberechnung für Prävalenz: Das
95%-Konfidenzintervall wurde durch ein Bootstrapverfahren ermittelt.
Demnach liegt der Wert der mit SARS-CoV-2-Infizierten zwischen mindestens
166.000 und maximal 295.000 Personen bzw. 2,2% bis 4,0% der Gesamtbevölkerung
ab 16 Jahren in Privathaushalten.
Methodische Unterschiede zu früheren Prävalenzstudien:
Aufgrund der Notwendigkeit einer Blutabnahme für die Antikörperstudie
mussten Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer selbst zu einer Teststation
des Roten Kreuzes anreisen. 80% der Stichprobenpersonen
befanden sich im Umkreis von maximal 30 Autominuten von einer dieser
Teststationen. Durch die damit bedingte geringere Belastung der Infrastrukturen
des Österreichischen Roten Kreuzes konnte die Stichprobenziehung einstufig
erfolgen, d. h. ohne vorherige Auswahl von Zählsprengeln. Dies trägt
zu einer Verringerung von Stichprobeneffekten und einer besseren Schätzgenauigkeit
bei.
Teilnahmebereitschaft: Die Teilnahmebereitschaft
bei der Befragung bis Ende Oktober lag bei rund 35%. Die Teilnahmewahrscheinlichkeit
wurde anhand von Befragungs- und Registerinformationen geschätzt, um
durch eine entsprechende Gewichtung mögliche Verzerrungen in den vorliegenden
Schätzungen möglichst zu minimieren. Mit den für Ende November erwarteten
Registerinformationen des Elektronischen Meldesystems (EMS) können
Ergebnisse zusätzlich validiert und allfällige Verzerrungen bei der
Studienteilnahme genauer evaluiert werden.
Grafik 1: Wie viele Menschen sind maximal1
mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert?

Quelle und Grafik: STATISTIK AUSTRIA,
COVID-19 Prävalenzstudie. Ergebnisse für in Privathaushalten wohnhafte
Personen ab 16 Jahren. – ¹) 95%-Konfidenzintervall – ²) SORA-Studie,
Werte umgerechnet auf in Privathaushalten wohnhafte Personen ab 16 Jahren.
– ³) Anteil an den in Privathaushalten wohnhaften Personen ab 16 Jahren.
– Erstellt am 26.11.2020.
Grafik 2: Krankheitssymptome bei infizierten
Personen (November 2020)

Quelle und Grafik: STATISTIK AUSTRIA,
COVID-19 Prävalenzstudie November 2020. Ergebnisse für infizierte
Personen der Prävalenzstudie im November 2020. – Erstellt am 26.11.2020.
Rückfragen zum Thema beantwortet in der Direktion
Bevölkerung, Statistik Austria:
Mag. Dr. Matea PASKVAN, E-Mail: matea.paskvan@statistik.gv.at
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Letzte Änderung am 26.11.2020