Statistik Austria ist Mitglied im Europäischen Statistischen System (ESS). Ziel des ESS ist es, verlässliche und vergleichbare Statistiken bereitzustellen und die Qualität der amtlichen Statistik kontinuierlich weiterzuentwickeln. Damit wird ein gemeinsames Zahlenfundament für alle Entscheidungsträger und die breite Öffentlichkeit auf EU-Ebene und in den Mitgliedstaaten geschaffen. Das ESS bildet so die Grundlage für die evidenzbasierte Politikgestaltung in Europa und gewinnt stetig an Bedeutung.
Das ESS besteht aus dem Europäischen Statistikamt Eurostat, den nationalen Statistikinstituten (NSIs) und anderen nationalen Institutionen, die in den Mitgliedstaaten an der Entwicklung, Erstellung und Verbreitung europäischer Statistiken mitwirken [Art. 4 der VO (EG) Nr. 223/2009].
Statistik Austria dient wie auch die anderen NSIs auf Ebene der Mitgliedstaaten als nationaler Ansprechpartner und einzige Kontaktstelle in statistischen Belangen für Eurostat. Der Großteil der von Statistik Austria erstellten Statistiken werden als Statistiken des ESS an Eurostat geliefert.
Das europäische Statistikamt Eurostat ist eine Generaldirektion der Europäischen Kommission und für die Koordinierung strategischer Maßnahmen auf Ebene der Europäischen Union und innerhalb der Kommission verantwortlich. Den Rahmen für die Erstellung europäischer Statistiken bildet das Europäische Statistische Programm, das auf fünf Jahre festgelegt wird. Die Produktion der harmonisierten nationalen Statistiken obliegt den Mitgliedstaaten.
Rechtsgrundlage des ESS ist die Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009. Die Verordnung enthält die grundlegenden Prinzipien für die Erstellung der europäischen Statistiken. Die letzte größere Revision der Verordnung erfolgte 2015, eine weitere Revision ist derzeit in Vorbereitung.
Eckpfeiler des gemeinsamen Qualitätsrahmens des ESS ist der Verhaltenskodex für europäische Statistiken. Der Verhaltenskodex beinhaltet 16 Grundsätze für das institutionelle Umfeld, die statistischen Prozesse und den statistischen Output. Darüber hinaus stellt der Quality Assurance Framework (QAF) Leitlinien, detaillierte Methoden sowie bewährte Praktiken zur Einhaltung der Grundsätze bereit. Die Einhaltung des Verhaltenskodex durch die NSIs wird regelmäßig im Rahmen sogenannter Peer Reviews überprüft, die von Eurostat koordiniert werden. Der jüngste Prüfbesuch bei Statistik Austria fand im April 2022 statt. Die Ergebnisse der Peer Reviews werden von Eurostat veröffentlicht und können hier abgerufen werden.
Das ESS koordiniert seine Arbeiten auf europäischer Ebene mit anderen Kommissionsstellen und Agenturen, der Europäischen Zentralbank und über EU-Grenzen hinweg mit internationalen Organisationen, wie der UN, der OECD, dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Ziel ist die Harmonisierung und Weiterentwicklung von Statistiken weltweit.
Die Arbeit des ESS ist in verschiedenen Gremien auf drei Ebenen organisiert. Auf Ebene der Präsident:innen bzw. Generaldirektor:innen werden strategische Fragen in folgenden Gremien behandelt:
Der AESS wird von zwei weiteren Gremien ESGAB und ESAC strategisch beraten:
Das ESS und das Europäische System der Zentralbanken koordinieren gemeinsame Themen u.a. im Rahmen des ESF:
Auf Ebene der Fachdirektor:innen werden Fragen gesamter Statistikfelder in folgenden Direktorengruppen behandelt:
Zusätzlich gibt es auf unterschiedlichen Ebenen zahlreiche Arbeits- und Expertengruppen zu verschiedenen Themen.
In den letzten Jahren wurde das ESS zunehmend mit der Herausforderung konfrontiert, flexibler und agiler auf Anforderungen der Nutzer:innen zu reagieren. Die jüngsten Krisen haben wie nie zuvor den Wert genauer und aktueller Daten für demokratische Entscheidungsprozesse verdeutlicht und auch aufgezeigt, dass das ESS seine statistische Produktion verbessern muss. Die ESS-Innovationsagenda begegnet den neuen Herausforderungen.
Die Hauptziele der Innovationsagenda sind:
Für die Umsetzung der ESS-Innovationsagenda ist die Nutzung neuer technologischer und methodischer Innovationen von entscheidender Bedeutung. Dazu zählen etwa künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML). Die Agenda fordert zudem eine Verbesserung der Verbreitung und Kommunikation amtlicher Statistiken mit dem Fokus auf neue Nutzer:innengruppen.
Um die erfolgreiche Umsetzung der ESS-Innovationsagenda sicherzustellen, hat Eurostat das ESS-Innovationsnetzwerk (EIN) eingerichtet. Das EIN spielt eine koordinierende Rolle bei der Förderung der Aktivitäten und Maßnahmen, die zur Umsetzung der ESS-Innovationsagenda erforderlich sind. Darüber hinaus spielt es eine Rolle bei der Einbindung der Interessengruppen.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website ESS Innovation in statistics.
Das Positionspapier ESS common position on the future and strategic priorities of European statistics (Gemeinsamer Standpunkt des ESS zur Zukunft und zu den strategischen Prioritäten der Europäischen Statistik) wurde am 21. Mai 2025 vom Ausschuss für das Europäische Statistische System (AESS) verabschiedet.
Es enthält drei strategische Hauptziele:
Zur Erreichung diese Zielsetzungen werden folgende strategischen Prioritäten zu setzen sein:
1. Sicherstellung der Relevanz europäischer Statistiken
Europäische Statistiken müssen mit dem gesellschaftlichen Wandel Schritt halten und zukünftige Informationsbedürfnisse antizipieren. Durch enge Zusammenarbeit mit Nutzer:innenn, innovative Methoden und neue Technologien will das ESS sicherstellen, dass seine Daten weiterhin entscheidungsrelevant, aktuell und aussagekräftig bleiben – insbesondere in politisch prioritären Themenbereichen der EU.
2. Neue Wege für europäische Statistik beschreiten
Das ESS plant, über traditionelle Statistikproduktion hinauszugehen und neue datenbasierte Dienstleistungen anzubieten – z. B. durch sichere Datenräume oder Datenplattformen. Dabei wird auf neue Datenquellen, KI und datenschutzfreundliche Technologien gesetzt, um auf neue Informationsbedarfe schnell, flexibel und nachhaltig reagieren zu können.
3. Qualität als Grundpfeiler europäischer Statistiken sichern
In Zeiten von Informationsüberflutung und Desinformation bleibt die hohe Qualität europäischer Statistiken ein zentrales Unterscheidungsmerkmal. Das ESS bekennt sich zu Transparenz, professioneller Unabhängigkeit, objektiver Methodik und zur Einhaltung des Verhaltenskodex für europäische Statistiken – auch im Umgang mit neuen Quellen und KI-gestützten Verfahren.
4. Nutzung und Integration administrativer und neuer Datenquellen
Um die sinkende Teilnahmebereitschaft an Umfragen auszugleichen und zugleich die Belastung der Respondent:innen zu verringern, setzt das ESS verstärkt auf administrative und privat gehaltene Daten. Die Eignung und Qualität dieser Datenquellen wird systematisch geprüft und in relevante Statistikbereichen integriert.
5. Nutzung moderner Technologien für Statistikproduktion und -verbreitung
Das ESS will technologische Entwicklungen wie Cloud, KI und digitale Plattformen aktiv nutzen, um Statistiken effizienter zu erstellen, besser auffindbar zu machen und deren Nutzung durch moderne Anwendungen zu ermöglichen. Ziel ist es, europäische Statistiken auch im Zeitalter von Generativer KI relevant und zugänglich zu halten.
6. Unterstützung von EU-Erweiterungsländern und internationale Zusammenarbeit
Das ESS unterstützt Erweiterungsländer bei der Angleichung ihrer Statistiksysteme an EU-Standards. Gleichzeitig wird die internationale Kooperation intensiviert, um weltweit Qualitätsstandards zu fördern, neue Methoden zu etablieren und statistische Kapazitäten in weniger entwickelten Regionen zu stärken.