Pressemitteilung:
Internationaler Frauentag 2021: Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern trotz Rückgang deutlich über dem EU-Schnitt
Wien, 2021
"Trotz des spürbaren Rückgangs in den letzten zehn Jahren ist der Gender Pay Gap in Österreich nach wie vor sehr hoch. Im EU-Vergleich waren 2019 nur in Lettland und Estland die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern noch größer. Wichtige Einflussfaktoren auf die Lohnlücke sind unter anderem die Branchenwahl, Teilzeitbeschäftigung und die Dauer der Zugehörigkeit im Unternehmen, wobei vor allem bei Frauen die Teilzeit wiederum vom Faktor Elternschaft beeinflusst wird", so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.
Teil der Lohndifferenz kann durch Unterschiede am Arbeitsmarkt erklärt werden
Um den Einfluss unterschiedlicher Faktoren auf den Gender Pay Gap zu untersuchen, hat Statistik Austria die Daten aus dem Jahr 2018 genauer analysiert. Frauen verdienten 2018 mit durchschnittlich 15,15 Euro um 20,4% weniger als Männer mit 19,03 Euro brutto pro Stunde. Berücksichtigt man Merkmale wie Branche, Beruf, Ausbildung, Alter, Dauer der Unternehmenszugehörigkeit, Vollzeit/Teilzeit, Art des Arbeitsvertrags, Region und Unternehmensgröße, dann reduziert sich der geschlechtsspezifische Lohnunterschied auf 14,0%.
Insgesamt können durch die im Modell berücksichtigten Faktoren 6,4 Prozentpunkte des Gender Pay Gap erklärt werden, dagegen bleiben 14,0 Prozentpunkte unerklärt. Zu den wichtigsten berücksichtigten Faktoren zählt die Branche (2,9 Prozentpunkte), da Frauen öfter in Branchen mit geringeren Verdienstmöglichkeiten arbeiten als Männer. Einen deutlichen Einfluss hat auch das Ausmaß der Beschäftigung (2,6 Prozentpunkte), da Teilzeitbeschäftigte auch pro Stunde geringer entlohnt werden. Unterschiede in der Dauer der Zugehörigkeit zum Unternehmen (1,7 Prozentpunkte) sind ebenfalls relevant, so arbeiten Frauen rund sieben und Männer neun Jahre im selben Unternehmen. Der Faktor Beruf hat an Bedeutung verloren, erklärt aber immer noch 1,6 Prozentpunkte des Gender Pay Gap. Ginge es dagegen rein nach der formalen Ausbildung, dann müssten Frauen bereits mehr als Männer verdienen (1,2 Prozentpunkte).
Im Modell werden geschlechtsspezifische Ungleichheiten bezüglich der genannten Faktoren bewusst herausgerechnet. Real bleiben die Unterschiede und damit auch das Lohngefälle aber bestehen.
Frauen sind weniger oft in Führungspositionen
2019 übten insgesamt 3,8% der unselbständig erwerbstätigen Frauen, aber 8,1% der Männer eine führende Tätigkeit aus. Selbst bei gleichen Bildungsabschlüssen waren Frauen stärker in mittleren Positionen vertreten als Männer, während Männer häufiger in Führungspositionen aufstiegen. Mit einem BHS-Abschluss arbeiteten beispielsweise bedeutend mehr Frauen (54,1%) als Männer (30,6%) in mittleren Tätigkeiten, während umgekehrt mehr Männer (37,9%) als Frauen (25,5%) höhere und hochqualifizierte Tätigkeiten verrichteten. Hinsichtlich der Besetzung von Führungspositionen war der Unterschied vor allem bei Personen mit Universitätsabschluss markant: 8,6% der Frauen und 18,9% der Männer mit Fachhochschul- oder Universitätsabschluss waren in Führungspositionen tätig. Gleichzeitig lag in der Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren der Anteil der Frauen mit dem Abschluss einer Hochschule oder Akademie mit 19,9% über jenem der Männer mit 16,3%.
Nach Branchen arbeiteten 17,5% der unselbständig
erwerbstätigen Frauen im Handel und 17,9% im Gesundheits- und Sozialwesen.
Männer waren dagegen am häufigsten in der Herstellung von Waren (24,5%),
im Bau (14,0%) und im Handel (12,4%) beschäftigt. In der von der Covid
Frauen waren auch wesentlich häufiger als Männer teilzeitbeschäftigt. Die Teilzeitquote der erwerbstätigen Frauen stieg von 43,1% (2009) auf 47,7% (2019). Bei den Männern zeigt sich ebenfalls ein Anstieg, Teilzeit ist mit 10,7% (2019) aber nach wie vor von vergleichsweise geringer Bedeutung (2009: 8,8%). Vor allem für Frauen mit Kindern unter 15 Jahren ist Teilzeitbeschäftigung die dominierende Form der Erwerbsarbeit. Im Vergleich lag die Teilzeitquote der 25- bis 49-jährigen Frauen mit Kindern unter 15 Jahren bei 74,3% (Männer 5,6%).
Frauen und Männer von der Covid-19 -Krise
unterschiedlich betroffen
Bezogen auf die Covid
Frauen gelang jedoch weniger rasch ein Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Insgesamt haben bis Ende Juni 2020 52,1% der Frauen und 62,1% der Männer, die in der zweiten Märzhälfte ihre Beschäftigung beendet hatten, wieder eine Erwerbstätigkeit aufgenommen.
Bezogen auf das gesamte Jahr 2020 ist die Zahl der
Arbeitslosen laut AMS bei den Frauen
Detaillierte Ergebnisse sowie weitere Informationen zur Gender-Statistik finden Sie auf unserer Webseite.
Informationen
zur Methodik, Definitionen:
Gender Pay Gap: Geschlechtsspezifischer Lohnunterschied (ohne Anpassungen) gemäß
Eurostat bezogen auf die Differenz zwischen den durchschnittlichen
(arithmetisches Mittel) Bruttostundenverdiensten von Frauen und Männern
in Unternehmen mit zehn und mehr Beschäftigten in der Privatwirtschaft
(ohne Land- und Forstwirtschaft; öffentliche Verwaltung). Durch die
Verwendung der Stundenverdienste sind Unterschiede in der Arbeitszeit
(Teilzeit) bereits berücksichtigt. Basis sind Unternehmensdaten, die
in der gesamten Europäischen Union alle vier Jahre nach harmonisierten
Standards erhoben werden. In Österreich leisteten für das Berichtsjahr
2018 rund
Zur Methodik: Die Analysen zum Gender
Pay Gap basieren auf einer Oaxaca-Blinder-Dekomposition. Bei dieser
Methode wird das Lohndifferenzial in einen erklärten und einen unerklärten
Anteil zerlegt. Da die Wahl der Referenzgruppe (Frauen oder Männer)
in der Regel zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führt, fließen
im Modell (nach Reimers) die männliche und weibliche Lohnstruktur sowie
die Effekte dieser Charakteristika auf den Lohn im selben Verhältnis
in die Zerlegung der Lohndifferenz ein.
Rückfragen zum Thema beantwortet in der Direktion
Bevölkerung, Statistik Austria:
Mag. Tamara GEISBERGER, Tel.:
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